Freitag, 2. Dezember 2005

Mein Namensvetter mit dem Potter-Komplex ...

Hier mal eine kurze Filmbesprechung, die ich ursprünglich für IOFF.de geschrieben habe.
Das "Werk", um das es sich dreht, ist folgendes:


Daniel der Zauberer

Daniel Küblböcks Filmdebüt.
Ihr seid also gewarnt, und nun auf zur Besprechung des verhinderten Meisterwerkes:

Erster Punkt zum wundern: Das Dolby Digital-Logo am Anfang.
Bildqualität wie in einem Urlaubsvideo, aber der Ton in DD. Das hat doch mal Stil.

Besonders schön am Hauptmenü ist auch die Entscheidungshilfe für Ängstliche: Wenn man nicht unverzüglich auf "Film starten" drückt, muss man sich von einem Lied mit dem schönen Titel "My Life Is Magic" quälen lassen.
Während ich hektisch nach der Fernbedienung greife, um dem akustischen Terror ein Ende zu setzen, fällt mir im Hauptmenü etwas auf, was eigentlich schon alles über die Sorgfalt aussagt, mit der diese DVD produziert wurde:
Der Punkt "Musci-Videos".
Ich würde jetzt gern schreiben, dass es nicht mehr peinlicher geht.
Leider weiss ich bereits, dass das nicht zutreffend ist.

Also lasse ich den Film jetzt mal starten, es hilft ja alles nix.

Ein Konzert beginnt, man sieht zwischen einigen älteren Semestern auch ein paar junge Mädels, die gekleidet sind wie Kreuzungen aus Alt-Hippies und Germanistikstudentinnen: Kunstfell, bunte Ringelschals, ungefärbte Wallemähne unter ebenfalls bunten Pudelmützen.
Nebenbei sieht man in dramatischer Grossaufnahme auch einen Herren in den 60ern, der sich erstaunlich viel Kajal um die Augen geschmiert hat. Das Make-Up und sein finsterer Blick sollen wohl verdeutlichen, dass er abgrundtief böse ist.
Obwohl der Film erst 3 Minuten läuft, gucke ich auch langsam so.

Ein kurzer Zusammenschnitt verschiedenster Bühnenszenen folgt.
Die Kostüme dürften der ultimative Beweis sein, dass Daniel farbenblind ist.
Noch schlimmer als der legendäre weiss-grün-gestreife Anzug ist ein Rosafarbener Anzug, zu dem er ein dunkelblaues Hemd und eine blau-rosane Krawatte trägt.
Die Kamera wird übrigens die meiste Zeit extrem schräg gehalten, das soll wohl irgendwie künstlerisch sein.

Nachdem die anwesenden Faniels von 10 abwärts gezählt haben, geht das Konzert los.
Daniel betritt in einem türkisen Bauchtänzeroutfit, das viel zu viel Haut zeigt, die Bühne.
Zumindest kann man sehen, dass seine Akne auf den Oberarmen besonders ausgeprägt ist. Oder sind das etwa Sommersprossen?
Eigentlich wurscht, auf jeden Fall würde ich das tunlichst verdecken, wenn das meine Arme wären.
Daniel tanzt zu orientalischen Klängen über die Bühne. Er scheint sich dabei unglaublich sexy zu finden, und die Faniels stimmen ihm augenscheinlich zu.
Nur mir wird nicht ganz klar, was daran sexy sein soll.
Aber naja.

Daniel stimmt ein Lied an, in dem eine der ersten Zeilen "Do you wanna see my perfect body?" lautet. Mir stellt sich dazu nur eine Frage: Wenn er irgendwo einen perfekten Körper herumzustehen hat, warum geht er dann lieber in dem schwabbligen auf die Bühne?

Inzwischen schwenkt die Kamera immer mal wieder in das Haus, in dem Tom, Rieke und ihr Anführer (Sogenannte Antis, also das Böse in Person) aus ungeklärten Gründen zusammenleben.
Gnädigerweise ist der "Gesang" in diesen kurzen Szenen nur noch undeutlich zu vernehmen, auch wenn man selbst bei der vollen Beschallung nur sehr selten versteht, was Daniel grade singt. Insofern war es von ihm gar nicht mal so blöd, jetzt auf deutsch zu singen. Zumindest beherrscht er da die Sprache halbwegs.

Zurück im Hauptquartier der Antis gibt es den ersten lustigen Dialog.

Tom: Weder Junge noch Mädchen, was ist der eigentlich?
Balthasar: Tot ist der, mausetot!

Beim Konzert geht jetzt der komplette Irrsinn ab, Daniel singt "Heartbeat".
Auf der Leinwand im Hintergrund gibt es immer wieder Bilder zu sehen, auf denen er nur einen Glitzerslip und eine Schärpe trägt.
Mein kompletter Sexualtrieb verabschiedet sich.

Währenddessen sitzt Balthasar extrem vermummt am Küchentisch und schmiedet Mordpläne.
Die Verkleidung nutzt ihm nichts, ich habe ihn trotzdem erkannt.
Aber Daniel braucht sich nicht zu fürchten, im selben Moment schleicht auch schon Balthasars Gegenspieler Johnny mit einem Horn durch den verschneiten Wald.
Er bleibt auf einer Anhöhe stehen, von der aus er das gesamte Dorf überblicken kann und zückt seinen Zauberstab.
Jetzt scheint er Daniel mit Hilfe des Stabes lokalisieren zu wollen.
Die Szene hat schon beim ersten Anschauen keinen Sinn ergeben und tut es immer noch nicht.
Naja, Schwamm drüber.

Weiter gehts vorm Haus der Küblböcks.
Nachdem wir erfahren durften, dass Tom und Rieke ihre Pistole vergessen haben und wohl auf ein Messer ausweichen müssen, kommt die berühmte Fanpostszene.

Daniel sitzt mit hochgesteckten Haaren am heimischen Küchentisch und trägt dabei ein hellrotes Teil, das an einen Kimono erinnert.
Wenn er sich schon an den traditionellen Gewändern anderer Kulturen vergreift, würde ich ihm zukünftig eine Burka empfehlen.
Um ihn herum sitzen ausser seinem Vater und seiner Oma noch diverse Kinder und andere Menschen, deren Identität nicht geklärt wird.

Der erste Fanbrief kommt von einer Dame um die 60, die ihrem Leben fast ein Ende gesetzt hätte und durch Daniel wieder Freude an ihrem Dasein hat. Dazu sag ich jetzt einfach mal nix.

Als nächstes erfahren wir durch Daniels gesprächige Oma, dass sein Opa ebenfalls "mit seiner Musik vielen Menschen Freude gebracht" hat. Daniel hatte davon ebenfalls noch keine Ahnung und ich frage mich, was das nur für eine seltsame Familie ist.
Daniels Oma (die altersmässig eher seine Mutter sein könnte) quittiert eine Morddrohung gegen ihren Enkel damit, sich "richtig starke Bodyguards" zu wünschen.
An der Art, wie sie das sagt, wird einem schon klar, was sie dabei für Hintergedanken hegt.
Solche Hintergedanken habe ich auch immer, wenn ich grosse, gutgebaute Männer in schwarzen Anzügen sehe.
Nur, wie das Daniel helfen soll, erschliesst sich mir nicht.

Die Tonregie ist übrigens auch während der ganzen Szene grosse Klasse: Daniel und seine Oma sind wunderbar zu hören, aber sein Vater ist wesentlich leiser und verrauscht.

Oh, die Oma scheint auch in einem Wolkenkuckucksheim zu hausen. Sie erzählt etwas von Millionen Fans. Den Satz "So eine Karriere wie der Daniel gemacht hat gibt es sowieso ganz selten, wenn überhaupt" finde ich allerdings gut.

Oma und Papa wollen Daniel nach Amerika bringen (nachdem Oma schon wieder mit ihren Bodyguards anfing, die Frau braucht dringend ein Hobby ...), während Daniel erstaunlicherweise eine gehörige Portion Realitätssinn an den Tag legt und erkennt, dass es in Amerika bessere als ihn gibt.
Nicht nur dort, mein Junge.
Der nächste Anfall von Realismus folgt sofort: Oma findet, dass Daniel Tag und Nacht ganz hart an sich und seiner Stimme arbeiten sollte.

So schlimm kann es aber um die Stimme gar nicht bestellt sein, denn in der nächsten Szene erfährt der staunende Zuschauer, dass DKs Stimme durch ein geschlossenes Fenster hindurch sogar noch auf der nächsten Strassenseite glasklar zu hören ist.
Auf der anderen Strassenseite stehen nämlich Tom und Rieke, die sich notdürftig hinter einem Busch verstecken und versuchen, einen Blick auf Daniel beim Gesangsunterricht zu erhaschen.
So richtig engagiert versuchen sie es aber dann doch nicht, denn wie Rieke ganz richtig bemerkt: "Es reicht schon, wenn man dem Kerl nur zuhören muss".

Leider wird dem Zuschauer dieser Gnade nicht zuteil, denn schon sind wir im Inneren des mit Bücherregalen vollgestellten Zimmers und dürfen zuschauen, wie Daniel "Teenage Tears" intoniert und dabei elfengleich durch den Raum schwebt.
Er trägt inzwischen einen sackartigen hellroten XL-Pulli, hat die Haare geöffnet und sieht irgendwie aus wie eine Vorstadt-Hausfrau, die einen langweiligen Sonntagnachmittag totschlägt.

Zwischendurch gibt es immer wieder Bilder von Daniel, der in einem Matrosenpulli und einer quietschgelben Hose versucht, zwei kleine Tiger zu streicheln.
Ähm, ja.
Ich weiss zwar auch nicht, wofür das gut sein soll, aber es lenkt zumindest ein bisschen von "Teenage Tears" ab. Also hat diese Szene durchaus eine Existenzberechtigung.

Endlich hat das Lied ein Ende und ich kann den Ton wieder lauter drehen. Laut Daniels Gesangslehrer ist das "Ganz grosse Klasse".
Das finde ich auch, aber er meint das wohl etwas anders als ich.
Nachdem der Gesangslehrer Tom und Rieke auf der anderen Strassenseite entdeckt, vertreibt er sie mit ein paar ganz simplen Worten.
Feine Killer sind das, die so schnell aufgeben.

Jetzt erhalten wir wieder Einblick in das spärlich möblierte Hauptquartier der "Bösen".
Die beiden Auftragskiller in spe haben sich umgezogen, und Rieke spielt lustlos an einem Tischkicker. Sie wird allerdings sofort von Tom verscheucht, der einen Brief an das potentielle Mordopfer schreibt. Schon klar, wenn man einen Mordanschlag bei einem Konzert plant, kündigt man das am besten vorher an. Ausserdem verrät Tom auch noch, wo er und seine Freundin wohnen. Wahrscheinlich ist er auch noch clever genug, das Absenderfeld auf dem Umschlag korrekt auszufüllen.
Erstaunlicherweise schreibt Tom auch von Daniels "vorgetäuschter Liebe zu den armen Tigern" und ich fasse mir an den Hintern, weil mir der Kopf zu schade dafür ist.

Oh, anscheinend ist seit der letzten Szene schon fast ein Jahr vergangen.
Jedenfalls lag eben noch überall Schnee, während es jetzt auf dem Friedhof sehr nach Herbst aussieht.
Naja, so clevere Modpläne wollen schliesslich lange vorbereitet werden.

Auf dem eben erwähnten Friedhof begegnen wir Balthasar, der einen weinroten Ledermantel aus der Herbstkollektion von Miss Sixtie trägt und mit den Fingern an einer Grabinschrift entlangfährt, während er liest.
Ihm dicht auf den Fersen ist Johnny, der eine pottenhässliche Adidasmütze und eine grosse dunkle Sonnenbrille trägt.
Anscheinend wollen die Mitwirkenden nicht erkannt werden.
Ich kann das nachvollziehen.
Sich das anzuschauen ist ja schon peinlich genug.

Nach einem hochgradig albernen Wortwechsel über das Oktoberfest 1965 und Geister gibt es eine sehr bizarre Rückblende in Daniels Kindheit.
Klein-Daniel führt im nächtlichen Wald einen Regentanz oder sowas in der Art auf, während Johnny beobachtend hinter einem Busch steht und dabei wieder sein Horn in der Hand hält.
An dieser Stelle spare ich mir einfach jeden blöden Witz, weil diese Vorlage wirklich zu einfach ist.

Wieder in der Gegenwart lässt Johnny noch krytische Andeutungen über "Die kleine Petra" fallen, zieht sich einen Zylinder über seine Adidasmütze und hopst fröhlich von dannen.
Langsam frage ich mich, ob wir LSD im Trinkwasser haben.
Sowas KANN doch gar nicht echt sein.

Es werden mal wieder neue Figuren eingeführt, die kleine Petra und ihr Opa.
Bekanntermassen ist der Opa zu diesem Zeitpunkt noch ein normaler Mensch, und seinem Satz "Niemand mag diesen Mist!" kann ich mich voll und ganz anschliessen.
Als er dann völlig geschockt einen DK-Kalender durchblättert, fällt mir auf, dass das durchblättern in Grossaufnahme zwar offensichtlich in Zeitlupe gezeigt wird, aber die dazugehörigen Geräusche in normaler Geschwindigkeit ablaufen. Irgendwie hat das was.

Die nächste Szene wirkt wie eine typische Montage aus diesen 80er-Jahre Teeniefilmen, auch die Musikuntermalung "Man In The Moon" passt perfekt dazu.
Im Gegensatz zu den Bildern ist die Musik diesesmal sogar halbwegs erträglich: Daniel putzt sich die Zähne, trippelt wie ein aufgeregtes Rennpferd vorm Waschbecken rum, wäscht sich das Gesicht, singt in seinen Fön. Als der Fön in Grossaufaufnahme ins Waschbecken fällt, hoffe ich schon, die Musik wäre damit vorbei.
Aber weit gefehlt, jetzt geht es erst richtig los:
Daniel läuft in einem roten Sportoutfit (ebenfalls von Adidas, haben die diesen Film gesponsort?) durch den plötzlich wieder tief verschneiten Wald, und man hat den guten alten Farbverzerrer aus der Rumpelkiste geholt.
Dadurch ist teilweise gar nichts anderes ausser blendend weissem Schnee und einem grellpinken Daniel-Schemen zu sehen. kurz darauf wird das Bild schwarzweiss und danach wieder normal, aber man hat es leider immer noch nicht überstanden.
Jetzt ist nämlich schon wieder Petra zu sehen, der wir schon während der letzten 5 Minuten dauernd beim schminken zuschauen durften.
Nachdem Petra freudig auf und ab hüpft und sich dabei immer noch die Lippen anmalt, wechselt das Bild immer wieder zwischen normal, überbelichtet und schwarzweiss.
Ich setze jetzt mal meine Lesebrille ab, ich will das alles nicht mehr so deutlich sehen müssen.

Die Musikszene ist Gott sei Dank vorbei, Petra schreibt jetzt ein Briefchen an Daniel und lädt ihn ins Café ein.
Bei Balthasar und seinen zwei Aushilfskillern sind die Mordpläne inzwischen weiter durchdacht worden: Am nächsten Sonntag haben die 3 Karten für die erste Reihe (was ja schon sehr unrealistisch ist, wenn man sich ein bisschen mit Faniels und ihren stetigen Grabenkämpfen um die begehrte Erste Reihe auskennt ...) und wollen ihn von da aus umpusten. Toller Plan, besonders helle sind die 3 nicht grade.

Nun befinden wir uns auf einer Strasse in Eggenfelden und lernen eine weitere Gruppe von mordsgefährlichen Antis kennen: 4 ganz normale Jugendliche kommen Daniel und seiner Oma entgegen und können es sich nicht verkneifen, Daniels türkisfarbenen Wintermantel und seine buntgeringelte Pudelmütze zu kommentieren.
Ich kann es verstehen.
Leider beweisen auch diese Antis, dass sie über keinen Funken schauspielerisches Talent besitzen und nichtmal einen Satz aufsagen können, ohne ins stocken zu geraten.

Als nächstes sitzt Daniel neben seinem Vater im Auto (Wo kommt der plötzlich her? Und wo ist die Oma hin? Fragen über Fragen.) und bezeichnet die Teenies als "Schweinebacken".
Papa gibt sich unbeeindruckt und eröffnet Daniel, dass Hollywood und Las Vegas sich für ihn interessieren.
Jetzt wird es endgültig absurd.

2 Sekunden später sind wir auch beim Screentest in Hollywood angekommen, und die Dialoge werden immer besser.

Mädchen: Was machst Du hier?
Daniel: Einen Screentest für Hollywood. Und Du?
Mädchen: Ich bin die Marie.

Tolle Antwort.

Daniel setzt seinen unfassbaren Kostümen übrigens immer noch einen drauf, jetzt trägt er einen dunklen Mantel und dazu Satin-Handschuhe, die ihm bis über die Ellenbogen gehen.
Marie erzählt Daniel, wie er ihrem Vater als Engelserscheinung das Leben gerettet hat. Daniel reagiert auf diese Geschichte mit einem ebenso blöden Gesichtsausdruck wie ich.

Rieke und Balthasar sind übrigens auch anwesend, und als Balthasar neben einer beschrifteten Tür steht, kann man sehr deutlich erkennen, dass das Bild spiegelverkehrt ist.
Unglaublich, mit wieviel Liebe zum Detail dieser Film produziert wurde.


Nun beginnt das eigentliche Vorsprechen. Interessanterweise spricht der angebliche Hollywood-Regisseur nicht nur auf Englisch mit Daniel, sondern versucht es auch auf Französisch. Der tiefere Sinn bleibt mir allerdings verschlossen.
Als Daniel sich "en anglais" vorstellen soll, wird aus Daniel plötzlich Däääniel, und mein Fremdschämreflex setzt mal wieder ein. Ansonsten nennen ihn diese oberen Zehntausend der Filmindustrie ständig Danny-Boy, was auch nicht weniger scheusslich ist.
Mich würde man jedenfalls nur einmal so nennen.
Die deutschen Akzente der Aushilfs-Amerikaner geben dem Ganzen noch eine ganz besondere Note.

Oh Gott, jetzt singt das bunte Kerlchen schon wieder und ich muss erneut den Ton leiser drehen.

Als Auflockerung gibt es jetzt eine kurze Szene mit Balthasar und Johnny, der aus dem Ober-Anti kurzzeitig eine Kakerlake macht und ausserdem immer noch diese abartige Adidasmütze trägt.

Zum Glück ist diese Szene wie gesagt nur von kurzer Dauer, und wir sind wieder im Café Winter.
Petras Opa ist offensichtlich schon etwas verwirrt, anders kann ich mir den Satz "Dir ist das egal, aber mir und mir ist das nicht egal" nicht erklären.
Lange Rede kurzer Sinn, nach ein paar Sekunden kommt Daniel in die Bäckerei gestürmt und die legendäre Tortenszene folgt.
Nachdem Daniel mit 5 Torten im Arm den Laden wieder verlässt, kommt es zu einer weiteren sehr bizarren Szene: Opa Winter und Frau Selig (eine Kundin) sind offensichtlich vom Teufel besessen.
Jedenfalls vollführt Opa Winter einige sehr merkwürdige Tanzbewegungen und wiederholt dabei immer wieder "Kü-bl-böck, Kü-bl-böck!", während Frau Selig von ihrem Platz aufspringt und einem unschuldigen kleinen Jungen inbrünstig ein paar unverständliche Worte entgegen singt.

Dieser Film muss im kollektiven Vollrausch entstanden sein.

Nach einer kurzen Alptraumsequenz (Dschungelcamp, Kakerlaken, Opa Winter mit einem Messer) befinden wir uns beim Passau-Konzert.
Nachdem Opa Winter sich fassungslos durch das Merchandising-Angebot wühlt, erfahren wir durch Petra, dass sich Daniel nicht in eine Schublade stecken lässt.
Das ist keine Pop- oder Rockmusik, sondern Küblböckmusik. Aha.
Wenn das bedeuten soll, dass niemand sonst solche "Musik" machen kann, dann bin ich mit der Bezeichnung voll und ganz einverstanden.

Jetzt steuern wir auf die von anderen Kritikern bereits hochgelobte Spiegelszene zu.
Diese Szene sollte man gar nicht zu sehr in ihre Bestandteile zerpflücken, sondern einfach auf sich wirken lassen.
Schauspielkunst, Dramaturgie und Dialoge auf allerhöchstem Niveau.
Die dramatischen Pausen sind einfach genial, und man merkt eindeutig, dass beide "Schauspieler" getrennt voneinander gefilmt wurden, bevor man den Kram zu einem Dialog zusammengeschnitten hat.
Achja, und Johnny trägt immer noch diese dämliche Mütze. Dagegen war der Zylinder eine echte Wohltat.

In der folgenden Szene sehen wir den berüchtigten gestreiften Anzug wieder, und dieses Mal sogar mit passendem Hut.
Frau Selig und Opa Winter sitzen mittelschwer begeistert im Publikum, es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie ihre Unterwäsche auf die Bühne werfen.

Es wird allerdings gleich dramatisch: Tom zückt bereits seine Pistole ...

Leider können sich Tom und Rieke nicht einigen, wer abdrücken muss, und so müssen wir ein weiteres Lied über uns ergehen lassen.
Jetzt singt Daniel ein kleines Mädchen an, das ebenfalls eine schräge Kopfbedeckung trägt.
Langsam wittere ich da einen roten Faden.

Daniel macht zum Glück grade eine Konzertpause, die er anscheinend auf der Toilette verbringen wollte. Jedenfalls steht er nichtsahnend am Waschbecken, als Rieke mit gezogener Waffe hineinstürmt und ihn mit sich zerrt, um ihn mit nach Hause zu nehmen und ihn dort zu erschiessen. Warum sie das nicht gleich auf der Toilette erledigt, bleibt genauso rätselhaft wie der Aufenthaltsort von Riekes Komplizen Tom.

Während sein Enkel in Lebensgefahr schwebt, sitzt Johnny vor einem Spiegel und betrachtet verzückt eine Spieluhr, die "Schwanensee" spielt.

Rieke und Daniel sind währenddessen beim Hauptquartier der Antis angekommen, und offensichtlich hat Rieke Daniel auf dem ganzen Weg dorthin die Pistole an den Kopf gehalten.
Eigentlich verwunderlich, dass kein Passant eingeschritten ist.
Andererseits ...

Nachdem Rieke Daniel in die Küche bugsiert hat, beschimpft sie ihn erstmal ein wenig und lässt ihn dann eine Weile allein.
Warum auch nicht, die Geisel kommt nämlich nichtmal ansatzweise auf die Idee, zu fliehen.
Stattdessen bricht er lieber in Tränen aus und schnorrt Rieke bei ihrer Rückkehr um eine Zigarette an. Höflich ist er ja. Die Schachtel lag die ganze Zeit vor ihm auf dem Tisch, aber er wartet brav, bis er seine Entführerin um Erlaubnis fragen kann.
Das stellt sich allerdings als Fehler heraus, denn Rieke raucht die letzte und denkt gar nicht daran, kurz neue zu holen. Böse Rieke. Armer Daniel.

Jetzt sind auch Balthasar und Tom im Anti-Heim angekommen.
Balthasar will sich nicht die Finger schmutzig machen, den Schuss abgeben sollen die anderen beiden.
Tom ist allerdings schon halb bekehrt, das wird wohl nix mehr.
Trotzdem spielt er noch brav mit. Er überreicht Rieke die Pistole, während er das Ganze filmen will.
Natürlich ist er durch das Konzerterlebnis kräftig durcheinander und bemüht sich jetzt, seinen eigenen Plan zu vereiteln.
Also hält er Rieke auf, indem er ihr etwas von Kameraproblemen erzählt. Schon wieder: Toller Plan.
Auch Daniel ist nicht untätig, und setzt unvermittelt zu einer Geschichte über seine schwere Kindheit an, die sich zu einem kleinen Gespräch mit Tom ausweitet.
Die beiden tauschen sich über ihre prügelnden Eltern aus, werden allerdings jäh von Rieke unterbrochen, die die Kamera wieder zum laufen gebracht hat.
Leider ist Rieke inzwischen anscheinend auch zum Faniel mutiert, denn als sie abdrücken will, klemmt angeblich die Pistole. Als auch dieses Problem gelöst ist, sind Tom und Daniel bereits wieder ins Gespräch vertieft und Rieke ist davon derart angenervt, dass sie keine Lust mehr auf die ganze Aktion hat und verschwindet.
Ich kann sie verstehen.

Nachdem Tom nun mit seinem neuen besten Freund Daniel allein ist, fallen auch die letzten Hemmungen: Er tritt hinter Daniel und legt ihm die Hände auf die Schultern.
Einen Moment lang dachte ich, dass er ihn jetzt entweder erwürgt oder sich das ganze zu einer sehr unerwarteten Liebesszene entwickelt.
Aber es kommt anders: Tom weint sich mal kräftig über sein verkorkstes Leben aus und erntet dafür die weisen Worte
"Weine, wenn Du willst. Jungs dürfen weinen".
Ich bin ja ergriffen.
Jetzt ist allerdings anscheinend auch Tom von diesem Poesiealbumssprüchen genervt, so dass er Daniel auffordert, zu gehen.

Da der Tag jetzt gerettet ist, kann Daniel zurück in die Konzerthalle, wo die Band immer noch dasselbe Lied spielt wie vor 10 Minuten.
Leider singt jetzt auch Daniel wieder und ich greife hektisch nach der Fernbedienung.

Daniel trägt nun wieder seinen schwarzen Handschuhe, die bei genauerer Betrachtung wohl doch eher aus Leder als aus Satin bestehen. Damit startet er die kleine "Schwanensee"-Spieluhr, die sein toter Opa vorhin noch bewunderte.
Hätte man den restlichen Film nicht gesehen, könnte man fast denken, dass diese Szene irgendeinen Symbolgehalt hat.

Danach sehen wir gleich 2 Dinge, die wir lange nicht mehr hatten: Johnny läuft mit seinem Horn durch den verschneiten Wald, während Petra einen Brief an Daniel schreibt.
Oh, und als nächstes läuft "Teenage Tears". Der gesamte Film scheint sich grade zu wiederholen. Ich befürchte, in einer Zeitschleife zu stecken, aus der ich so schnell wohl nicht wieder rauskomme.

in der nächsten Szene ist es bereits Weihnachtsabend, und Daniel erfährt von seinem toten Opa, dass er Tom und Rieke seine Gitarre schenken soll. Darauf reagiert er schon wieder genauso wie ich: Mit komplettem Unverständnis.
Das Argument "Die wollten mich doch umbringen!" wird von Johnny allerdings mit einem knappen "Das war einmal" abgetan.
Als nächstes steht Daniel also vor der Tür des Anti-Hauptquartiers und trägt dabei das bisher unfassbarste Outfit überhaupt: Einen hochgeschlossenen quietschgelben Wintermantel und eine weisse Pudelmütze, deren Bommeln ihm bis zu den Hüften hängen. Das muss man einfach gesehen haben, um es zu glauben.

2 Sekunden später tollt Daniel mit Rieke und Tom durch den Winterwald, während im Hintergrund "Skin I'm In" läuft. Konzertszenen, Bussi mit Rieke, etc.
Ich verstehe nicht, warum das jetzt nicht einfach zu Ende sein kann.

Statt einem wohlverdienten Abspann beobachten wir jetzt die Bescherung bei Familie Küblböck, und erfahren weitere spannende Dinge.
Daniel wusste ja bis vor kurzem nicht, dass sein Opa ein erfolgreicher Musiker war.
Jetzt erfährt er auch noch, dass sein Opa nur einen Arm hatte und sieht zum ersten Mal in seinem Leben ein Foto von ihm.
Ich frage mich schon wieder: Was ist das nur für eine Familie?

Ansonsten gibt es viel Blabla um einen Zauberstab, tote Opas, die Kraft des Guten.
Und schon wieder Johnny im verschneiten Wald.
Das muss doch gleich zu Ende sein?

Oh Gott, jetzt auch noch Szenen der Cannes-Premiere und weitere Konzertbilder.

... und Unfallschlagzeilen. Die haben jetzt wirklich noch gefehlt.

Als nächstes hopst Daniel wie ein junges Reh eine Treppe hinauf in eine Kirche.
Dabei trägt er schon wieder seine Handschuhe und einen roten Mantel aus der Frauenabteilung.
Wieviele hässliche Mäntel hat er jetzt eigentlich schon vorgeführt? 5? 6?

Kerze anzünden, Zylinder finden, anfangen "My Life Is Magic" zu quaken.

Geschafft, ich bin FREI!!!!

OK, ein kurzes Fazit noch:

Ich habe selten sowas schlimmes gesehen.
Ich war darauf vorbereitet, dass dieser Film grottig ist.
Allerdings hatte ich immer die Hoffnung, er wäre dementsprechend wenigstens auch wahnsinnig lustig.
Ist er nicht.
Ein paar Szenen sind für einen Lacher gut, aber im Grossen und Ganzen sitzt man bloss völlig schockiert davor und fragt sich, ob man das grade wirklich sieht oder vielleicht doch bloss unter Drogen steht.
Dieser Film ist so derart verquer und absurd, dass "Twin Peaks" dagegen leicht verständliche Unterhaltung für einen langweiligen Samstagmittag ist.
Allein werde ich mir den mit Sicherheit nie wieder angucken, aber in einer lustigen Runde (und vor allem niemals wieder ohne Alkohol) vielleicht doch.
Insgesamt hat sich die Zeit schon gelohnt, denn ein Erlebnis ist es auf jeden Fall.

Keine Kommentare: