Sonntag, 20. August 2006

Überspezialisiert?

Momentan arbeite ich ja mit gehörlosen geistig Behinderten.
Dass das eine sehr begrenzte Sparte ist, ist mir durchaus klar.
Dass es aber gradezu unmöglich ist, so eine Einrichtung auch in Berlin zu finden, hat mich dann doch überrascht.
Unser Heim ist wohl deutschlandweit so gut wie einmalig, deswegen hat sich bei uns ja auch ein komplett eigener Gebärden-Dialekt entwickelt.
Was nur wenige Hörende wissen: Man kann in Gebärdensprache auch mit Dialekt oder mit Akzent sprechen, weil es da genauso viele regionale Unterschiede gibt wie in der normalen Lautsprache.
Eine Kollegin hat mir zwar letztens erzählt, dass es wohl in Stendal (ca. 2 Stunden mit dem Zug von Berlin entfernt) noch so eine ähnliche Einrichtung wie unsere gibt, aber das ist mir auch zu weit ab vom Schuss.
Muss ich nicht haben, auch wenn das Ding wohl die Ausmasse eines kleinen Dorfes hat und dementsprechend sehr grosse Ähnlichkeit mit meiner jetzigen Arbeitsstätte hat.

Darum stehe ich jetzt vor einer grossen Entscheidung: Arbeite ich lieber mit geistig Behinderten, oder mit Gehörlosen?
Anfang August habe ich ja bereits in Berlin einen Nachmittag mit hörenden Behinderten verbracht, und sogar zugesagt, dort ab 1.12. zu arbeiten.
Aber soll ich euch mal was sagen?
Die Leute dort waren mir eigentlich noch zu "normal".
Das sind halt auf den ersten Blick ganz normale Leute, die eben etwas langsam sind und leicht spleenig wirken.
Mein Wahlspruch auf der Arbeit lautet ja "Je verrückter, desto besser", deswegen habe ich auch so einen Narren an unseren Autisten und den anderen "schwereren Fällen" gefressen.
Ich mag es eben, mich in einen Kopf hineinzudenken, der eine komplett andere Wahrnehmung hat als ich.
Insofern ist so eine offene WG, in der ich halt mal Nachmittags nach dem Rechten schaue, nicht so ganz das optimale.
Natürlich ist die Bezahlung in Relation zum Arbeitsaufwand ganz prima, aber dieser Job ist nicht das, was ich für den Rest meines Lebens machen möchte.
Als erstes kommt neben diesem Job auch erstmal die Ausbildung (Ab März bzw. August) auf mich zu, da versuche ich schon seit 1 Woche, die 3 Berliner Schulen zu erreichen, bei denen ich das machen kann.
Langfristig würde ich aber schon gern das machen, was ich jetzt mache.
Oder halt mit "normalen" Gehörlosen arbeiten, wenn es nicht anders geht.
Ich fände es nämlich sehr schade, wenn ich die Gebärdensprache ab Dezember überhaupt nicht mehr anwenden könnte/müsste.
Man lernt jeden Tag was neues, und ich habe riesigen Spass daran.
Das soll nicht umsonst gewesen sein.

Dementsprechend würde mein Leben demnächst wohl so aussehen, dass ich einerseits bei der Ausbildung erstmal den Umgang mit hörenden geistig Behinderten lerne, zwischendurch zwecks Lebensfinanzierung diesen Job mache und mir nebenbei noch irgendeinen Job beim Berliner Gehörlosenverband besorge.

Alles nicht einfach ...

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich bin ja immer dafür, mal erst auf Nummer sicher zu gehen und sich aber immer weiter umzusehen. Manchmal ergibt sich dann was ganz Tolles.

Was hast'n du eigentlich vorher gearbeitet oder gelernt? Also, bevor du da jetzt angefangen hast?

Und was sagt dein Mitwohni, wenn du zurück nach Berlin gehst?

Lebenskoffer hat gesagt…

Der findet das gut, er ist ja selber ab nächsten Sommer wieder da :)
Gelernt hab ich leider noch gar nichts, habe bloss zigtausend verschiedene Sachen gemacht und war 4 Jahre lang Barkeeper.
Und du hast recht, ich lass es alles mal auf mich zukommen und zerbrech mir nicht mehr den Kopf :)