Samstag, 12. Mai 2007

Die Tigerente

Also schlagt mich, aber ein erwachsener Mann auf einem Tigerenten-Fahrrad sieht einfach zum schießen aus.
Benjamin von Stuckrad-Barre hat schon irgendwie recht:
"Die Tigerente ist wie ein Hakenkreuz: wenn man es sieht weiß man, man ist am falschen Ort und unter schlechten Menschen."
Meine persönliche Abneigung gegen Janosch und seine Kreaturen Kreationen begann, als ich 14 Jahre alt war und zur Mandelentfernung im Krankenhaus lag.
Auf der Kinderstation zwischen lauter 5jährigen, was an sich schon schlimm genug für einen 14jährigen war.
Mein direkter Bettnachbar und seine Eltern toppten allerdings alles:
Das waren die typischen Waldorfschule/Birkenstock/"Atomkraft-Nein danke!"-Typen, die wahrscheinlich im 21. Semester Sozialpädagogik studierten und ihrem Sohn am Krankenbett den lieben langen Tag Janoschs gesammelte Werke vorlasen und im Anschluss nochmal mit ihm über diese holzhammermoralischen Sozialromantik-Geschichten diskutierten, während ich nach der OP fest davon überzeugt vor, an den Halsschmerzen sterben zu müssen und stumm vor mich hinlitt.
Das waren die härtesten 2 Wochen meines Lebens.

6 Kommentare:

Achteinhalb hat gesagt…

Hatte mal ein ähnliches Erlebnis, allerdings in umgekehrter Richtung: Lag in einem Krankenhaus im Sauerland (war da gerade 18 und auf einer Art Zivildienstfreizeit) und neben mir saß so ein 14-jähriges Jüngelchen, das mir weismachen wollte, Arnold Schwarzenegger und Sylvester Stallone seien die besten Schauspieler der Welt - was man ja auch schon daran sehen könne, dass sie so erfolgreich seien.

Na ja, ich versank dann in der Lektüre von Jean Renoirs Autobiografie.

Und die Eltern hatten ihm auch keine Janosch- oder keine Astrid Lindgren-Bücher mitgebracht, sondern jede Menge dieser Groschenhefte à la "Geisterjäger John Siclair", "Die rote Laterne" (Mordgeschichten im Prostituiertenmilieu!) oder "Perry Rhodan".

Aber die Eltern besaßen einen Edeka-Laden und hatten immer Mitleid mit mir, weil ich ganz allein und fern von zu Hause da lag. Und so versorgten sie mich wenigstens mit Mars-Riegeln und Twix.

Gruselig und trotzdem nett...

Anonym hat gesagt…

*drückt den armen Daniel ganz feste*

Ich find die Tigerente zwar toll, aber solche Eltern sind schon schrecklich. Bei solchen Leuten fühl ich mich immer ganz unwohl und die gucken auch immer so komisch aus ihren erdfarbenen Klamotten. Ein bissel Pink wär da mal echt nicht verkehrt.

Der Janosch hat mal zugegeben, er hätt die meisten seiner Geschichten betrunken geschrieben. Bei manchen glaub ich das aufs Wort!

*drückt nochmal feste*

anke-art hat gesagt…

@achteinhalb: Es gibt eine Autobiografie von Jean Renoir? Danke für die Info, das Buch MUSS ich haben!!!

@all: Ich verabscheue Janosch und seine Machwerke. Ist Euch schonmal aufgefallen, dass seine "Viecher" allesamt "tote Augen" haben, also ohne Lichtreflexe?
Im Studium habe ich mal das Buch "Mutter sag, wer macht die Kinder?" von Janosch gründlich auf Kinderfreundlichkeit geprüft, seitdem ist Janosch völlig bei mir unten durch (zumal er nach eigener Aussage Kinder überhaupt nicht mag). Wenn in einem Aufklärungsbuch Sätze fallen wie "Wenn der Mann Lust hat, und eigentlich hat er immer Lust, legt er sich auf die Frau (...)", kriege ich die Krise.

Anonym hat gesagt…

"Ich mach dich gesund, sagte der Bär."

Das hat mir meine Vorklassenlehrerin geschenkt, die ein paar Jahre später an Krebs gestorben ist.

Vielleicht, das denke ich mir gerade, sind manche Sachen von Janosch nicht für Kinder, sondern für Erwachsene gedacht.

Achteinhalb hat gesagt…

@ anke-art

Ja, die Autobiographie ist auf Deutsch unter dem Titel "Mein Leben und meine Filme" erschienen, und äußerst unterhaltsam.

Außerdem gibt es noch ein Buch Renoirs, das er über seinen Vater, den Maler, geschrieben hat: "Mein Vater Auguste Renoir" (was ich zwar besitze, aber noch nicht gelesen habe)

Lebenskoffer hat gesagt…

Dass die Geschichten mehr für Erwachsene sind wäre eine gute Theorie ...
Ich habe mal ein Erwachsenenbuch von Janosch gelesen (Ich war ganz erstaunt, dass es sowas gibt), das "Vom Glück, den ... gekannt zu haben" hieß.
Auf den genauen Titel komme ich leider nicht mehr.
Das Buch an sich fand ich sehr nett, es ging um ein kleines polnisches Dörfchen und die Geschichten, die da so passierten.
Genervt hat mich bloß, dass es eine ziemlich spannende Rahmenhandlung um einen geheimnisvollen Landstreicher gab, die ÜBERHAUPT NICHT aufgelöst wurde.
Und ein bisschen sehr auf die Tränendrüse hat es auch gedrückt.
Ansonsten war es allerdings ziemlich nette Lektüre.

Mit der Tigernete kann ich aber genausowenig anfangen wie mit der Diddl-Maus *grusel*