Donnerstag, 5. Juli 2007

Die Scheibenwelt wird flach

Sehe ich das als einziger so, oder werden Terry Pratchetts Scheibenwelt-Romane immer schlechter?
Mr. Pratchetts Entscheidung, nur noch entweder Kinderbücher oder Erwachsenenromane zu schreiben, hat der ganzen Saga definitiv nicht gut getan.
Seine Bücher seit dieser Wahnsinnsidee lassen einfach das Gleichgewicht vermissen, das es in den früheren Werken immer gab.
Langsam habe ich den Verdacht, dass der gute Mann in der erfolgreichen Mitte seiner Schöpfungskraft einfach am besten war und diese Höhen niemals wieder erreichen wird.
Dieses herrlich spielerische Gleichgewicht zwischen alberner Parodie und teilweise verdammt kluger Philosophie, das in Büchern wie "Total verhext", "Ruhig Blut!", "Lords und Ladies" oder "Alles Sense" (Ja, die katastrophalen deutschen Titel sind ein Thema für sich ...) noch vorhanden war und wie von selbst funktionierte.
Zum Ende seiner "Ich schreibe einfach drauflos, Zielgruppe ist egal"-Phase erschienen ja auch schon Bücher mit ungewohnt ernsthaftem Unterton wie "Der fünfte Elefant" oder "Schweinsgalopp", und damit hätte ich durchaus leben können, aber seit dieser deutlichen Trennung zwischen Erwachsenen- und Kinderliteratur wird mir das zuviel.
Zuviel Ernsthaftigkeit auf der einen Seite, zuviel Kindlichkeit auf der anderen.
Im schlimmsten Fall gibt es beides sogar im selben Buch.

Seit dieser "Umstellung" hat ja auch der Zeichner der Umschlagbilder gewechselt, statt wie früher Josh Kirby macht es inzwischen der wesentlich "erwachsener"-und langweiliger- wirkende Paul Kidby.
Und statt wie früher einfach auf die persönlichen Geschichten der bereits bekannten und etablierten Scheibenwelt-Figuren einzugehen, hat man in jedem Buch ein brandneues Land mit eigener Geschichte und vor allem brandneue Figuren vor sich.
Wen interessiert das denn?
Wer will ernsthaft 3 (bis dato existierende) Bücher über Tiffany Weh lesen, die mich schon nach 200 Seiten von "Kleine freie Männer" nervt und selbst in den Kritiken bloß als Harry Potter-Abklatsch gehandelt wird?
Möchte man nicht lieber wissen, was zum Beispiel aus den Zauberern der Unsichtbaren Universität geworden ist?
Oder aus meinen persönlichen Lieblingsfiguren, den Hexen von Lancre, aka Esmeralda "Oma" Wetterwachs, Gytha "Nanny" Ogg, Magrat Knoblauch und Agnes "Perdita X. Dream" Nitt?
Man konnte ja schon glücklich sein, dass Nanny Ogg in "Der Zeitdieb" eine kleine Nebenrolle hatte.
Und wann liest man endlich wieder von Rincewind und Zweiblum?
Stattdessen kriegt man Geschichten über völlig fremde Leute zu lesen, die in bis dahin völlig unbekannten und nie erwähnten Ländern leben.
Bei "Weiberregiment" hat das ja noch funktioniert und ich hätte gern mehr Bücher über das bis dahin unbekannte Land Borograwien, seine Bewohner und besonders die Igorinas gelesen, aber langsam wird es nervig.

Kann man das wohl Tolkien-Syndrom nennen, wenn ein Fantasy-Schriftsteller seine eigene Welt unbedingt bis zum letzten Zipfel "erforschen" und bevölkern will?
Pratchett kriegt es ja nichtmal fertig, zu erwähnen, auf welchem Kontinent sich seine brandneuen Länder befinden.

Das muss doch nicht sein ...

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Oh ja, die Hexen liebe ich auch!!
Die Hexen-Bücher und die Geschichten mit den Vampiren (und die mit dem Tod, klar), die mag ich am liebsten von Pratchett.

Würde Dir schon zustimmen, das nervt zum Teil wirklich.
Daher lese ich viele der neuen Geschichten auch nicht mehr. :(

Lebenskoffer hat gesagt…

Ja, die Vampire und Tod mit seinen Existenzkrisen sind auch genial - Tod ist neben Oma Wetterwachs und Agnes Nitt meine absolute Lieblingsfigur :)

Hoffentlich hast du dir "Die Nachtwächter" erspart, das war für mich bisher das qualvollste Buch überhaupt ...

Lebenskoffer hat gesagt…

Wusstest du übrigens schon, dass zu Weihnachten auf Pro7 eine Realverfilmung von Schweinsgalopp laufen wird?
Zwei 90minütige Filme von der BBC, die wahnsinnig gute Kritiken bekommen haben.
Guck mal bei YouTube nach Hogfather, das sieht richtig gut aus, auch wenn ich bei der Synchronisation schlimmes befürchte - die machen aus Susanne garantiert eine Susan wie im Original.
Als nächstes verfilmt die BBC "Die Farben der Magie", also gibt es endlich mal einen Film mit Rincewind.

Und dann habe ich gestern noch gesehen, dass nächstes Jahr die erste Hollywood-Verfilmung eines Pratchett-Buchs kommt, aber blöderweise ist es ausgerechnet "Kleine freie Männer", verfilmt von Sam Raimi ... dazu fällt mir nix mehr ein.

Anonym hat gesagt…

"Die Nachtwächter" habe ich nicht gelesen - glücklicherweise, wie mir scheint. ;)
Der Klappentext muss mich schon einigermaßen ansprechen, und das war hier nicht der Fall. :-/

Nein, das wusste ich noch nicht. Danke für die Infos. :)
Da bin ich ja mal gespannt. :)

Anonym hat gesagt…

Literarisch wird Pratchett immer besser, wie ich finde. Seine Vermengung von Rundweltliteratur mit seinen erfundenen Scheibenwelt-Figuren sind erfrischend. "Die Nachtwächter" gehört zu seinen genialen Büchern, ebenso wie "Klonk". Tiffanys Welt von "Kleine Freie Männer" über "Zauberhut" bis "Winterschmied" sind Geschichten, die zwischen Kinderbuch und Erwachsenenwelt wandeln. Esme Wetterwachs und Nanny Ogg bekommen darin Platz genug. "Winterschmied" bekam übrigens gerade ein Preis für das beste englische Buch für Heranwachsende. Wunderbar ist übrigend auch die Geschichte von der Post, sowie die drei halbwissenschaftlichen Arbeiten "Gelehrten der Rundwelt", Philosophen der Rundwelt" und Götter der Rundwelt" in denen viel Platz für Zaubererfreunde ist. Natürlich sollte man sich für jedes Buch Zeit nehmen und ein gewisses vor allem literarisches, filmisches und geschichtliches Grundwissen mitbringen, um für all die Seitenhiebe und Anspielungen wach zu sein. Aber auch ohne sind gerade die neueren Bücher hervorragende Novellen und zwar im Oroiginal, wie in der deutschen Übersetzung. Ich kann mich dem Gemecker also nicht anschließen.
Verfilmt sehen möchte ich die Bücher aber eigentlich auch nicht.

Anonym hat gesagt…

Nun, glücklicherweise sind Geschmäcker ja verschieden.
Ich persönlich lese Terry Pratchett ja auch "nur so" zur Unterhaltung, nicht, weil ich auf der Suche nach Anspruch bin. Dafür wiederum bevorzuge ich dann wieder andere Bücher und Autoren.