Dienstag, 20. Juni 2006

Eintrag mit Cliffhanger / Ein Tag im Zoo, Teil 1

Ich war also heute mit 14 Bewohnern und 3 Kolleginnen auf Tagesausflug.
Zuerst ging es mit dem Reisebus nach Nordhorn (Etwas über eine Stunde Fahrt), und dort fingen die Probleme an.
Einer unserer Bewohner (Ich nenn ihn mal Sven, zu ihm kommt auch noch ein Extra-Eintrag) hat enorme Schwierigkeiten beim Laufen.
Er läuft mit angewinkelten und ge-x-ten Beinen, hält die missgebildeten Händchen ganz dicht am Oberkörper und schwankt von einer Seite auf die andere.
Man hat ständig Angst, dass er in die nächste Hecke kippt.
Jedenfalls wollte Sven partout nicht mehr aus dem Reisebus aussteigen, und als wir ihn rausbugsiert hatten, wollte er unbedingt wieder rein.
Er ist nur knapp 1m60 gross und relativ schmal, aber es ist unglaublich, was er für eine Kraft hat.
Eine Kollegin und ich waren vollauf beschäftigt, ihn irgendwie in Schach zu halten und Schritt für Schritt vorwärts zu bringen.
Dabei hat er uns beide in die Hände gebissen (Nichts dramatisches), gekniffen und ausgetreten wie ein Maultier.
Irgendwie schafften wir es jedenfalls, ihn mit vereinten Kräften auf das Boot zu schaffen, auf dem wir die nächsten 40 Minuten über einen Fluss namens Vechte schipperten, frühstückten und dutzende winzige Entenküken anguckten.
Auf dem Schiff war er dann zum Glück plötzlich ganz ruhig.
Vom Steg zum Zoo durften wir ihn aber wieder schleppen, das war echt nicht schön.
Am Zooeingang haben wir dann einen Bollerwagen gemietet, in dem er den Rest des Zoobesuchs ganz friedlich sass.
Übrigens war ich sehr positiv überrascht: Es gab den ganzen Tag lang keinen einzigen blöden Kommentar oder Blick von Aussenstehenden, obwohl wir ein paar recht auffällige Leute dabei hatten und es einige "Szenen" gab.
Respekt an die Mitmenschen.
Nach dem Zoo waren wir noch in Nordhorn (Wunderschöne Stadt!Wir waren alle absolut erstaunt) zum Kaffee trinken, und wagten das Experiment, unseren "Problemfall des Tages" allein laufen zu lassen.
Es klappte wunderbar, er wurde plötzlich ganz lieb.
Er hat sogar öfters meine Hand genommen, und wurde total zutraulich und pflegeleicht.
Der Kleine ist wirklich ein raffiniertes Aas und macht anscheinend alles, um Aufmerksamkeit zu kriegen.
Aber zum Knuddeln ist er auch, deswegen haben wir ihn auch nicht an irgendeine Leitplanke gebunden ;o)

Ich schreibe sicherlich noch mehr (Der Tag könnte ein ganzes Buch füllen ...), aber momentan habe ich echt nicht die Energie dazu.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Da wär ich gern dabei gewesen, ich hätt den Sven aus dem Wagerl geworfen (ich hätt das freilich sehr charmant gemacht und er hätte das freiwillig geräumt) und meine Manolos geschont. *kichert*

Lebenskoffer hat gesagt…

Ich hätte dich auch gern dabei gehabt *g*
Weibliche Reize bringen übrigens bei Sven nix, er ist offensichtlich schwul (Genaueres in dem Extra-beitrag, der demnächst kommt ...).
Aber du hättest ihn wahrscheinlich echt mit deinem Charme überzeugen können :)

Anonym hat gesagt…

*kichert* Wie niedlich! Danke schön!

Ach, deshalb hat er sich mal einem anderen Patienten so aufgedrängt? Naja, bloß weil er behindert ist, hat er doch Bedürfnisse. Vielleicht findet er ja mal wen? *wünscht ihm das*