Als ich heute zur Arbeit kam, stürmte ein wildfremder Bewohner wort- und gebärdenlos auf mich zu, umarmte mich und ging dann kommentarlos weiter.
So fängt ein Arbeitstag doch gut an.
Ansonsten hat mich heute mal wieder eine Bewohnerin sehr gerührt, die ich mal Elsa nennen werde, weil Elsa für mich ein sehr schöner altmodischer Name ist und die Bewohnerin auch "in echt" so einen tollen Namen hat.
Elsa ist nicht nur stocktaub, sondern auch noch blind und ziemlich verwirrt.
Die Tage verbringt sie damit, Wollknäuel zu wickeln und sich sehr angeregt mit imaginären Soldaten zu unterhalten, denen sie auch gerne mal einen Schwinger oder Haken versetzt.
Da muss man wirklich aufpassen, nicht in der "Schusslinie" zu stehen.
Gestern hat sie dadurch einer anderen Frau ein komplettes Steckspiel abgeräumt, der Gesichtsausdruck der Anderen war unbezahlbar.
Wenn man sich aber mit Elsa beschäftigt (Durch Körperkontakt, logischerweise) ist sie immer ganz glücklich und wahnsinnig dankbar.
Heute habe ich sie jedenfalls mal wieder bis in ihr Zimmer begleitet (Eine Hand in ihrer Hand, die andere Hand auf ihrer Schulter), und war unheimlich beeindruckt, was sie alles hinkriegt.
Sie schliesst ihre Zimmertür selbst auf, verstaut ihre Sachen fast problemlos im abschliessbaren (!) Schrank und findet dann im Speisesaal selbst ihren Platz.
Man muss sie nur etwas unterstützen.
Unheimlich rührend, sie dabei zu beobachten.
Sie hat mir auch das Zeichen des Tages beigebracht: "Bis morgen".
Dazu zieht man den rechten Daumen einfach von der rechten Wange aus nach vorne.
Im Speisesaal gab es dann auch noch ein weiteres Zeichen zu lernen: Als ich eintrat, gab es von den mir bisher bekannten "Mädels" (90% über 60)ein grosses "Hallo", und eine andere alte Dame war ganz begeistert, mich (zum ersten Mal) zu sehen, fuhr sich mit der ausgestreckten rechten Hand von oben nach unten übers Gesicht (Also nicht direkt drüber, sondern in 3-4cm Abstand) und machte dann mit der Hand dieses bekannte "Alles OK!"-Zeichen, bei dem man einen Ring aus Zeigefinger und Daumen bildet.
Wie ich später erfuhr, heisst das schlicht und ergreifend "Hübsch!".
Das ist doch mal ein Kompliment.
Eine andere Bewohnerin (Ende 20), die ich schon öfter auf dem Gelände getroffen habe, ist dann sogar aufgestanden und unter Schwierigkeiten (Sie hat normalerweise Krücken) durch den halben Saal gelaufen, um mich ganz enthusiastisch zu begrüssen.
Da kommt man sich fast vor wie ein Popstar.
Könnte aber auch damit zusammenhängen, dass dort verdammt wenige Männer unter 50 rumlaufen.
2 Kommentare:
Das ist doch wirklich nett. *ist ganz ergriffen* Nicht nur Gott ist ein Popstar, sondern auch Daniel! *g*
Eigentlich jeder, der bei uns arbeitet, die Leute verteilen ja ihre Freude absolut gerecht und grosszügig *g*
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